Indienststellung Florian Unterhaching 40/1 H – H wie historisch
Wir schreiben das Jahr 1965 – Ludwig Erhard wird erneut zum Bundeskanzler der BRD gewählt, Werder Bremen wird deutscher Fußballmeister und auf dem Münchner Oberwiesenfeld findet am 1. Juni 1965 die Grundsteinlegung für den Bau des Olympiaturms statt. Bis zu den Olympischen Sommerspielen in München sind es noch sieben Jahre, der FC Bayern München steigt in die 1. Bundesliga auf und in Unterhaching nimmt die Freiwillige Feuerwehr ein neues Löschgruppenfahrzeug in Betrieb. 2020, also 55 Jahre nach der Indienststellung, steht dieses Fahrzeug wieder in neuem Glanz und mit dem Wappen der Gemeinde Unterhaching auf der Tür im Innenhof der Feuerwehr Unterhaching.
Dieses 1965 in Dienst gestellte Löschgruppenfahrzeug LF 16 vom Typ Mercedes-Benz 1113, Kennern auch als Mercedes-Benz „Kurzhauber“ bekannt, mit einem Aufbau der Firma Ziegler war seinerzeit ein hochmodernes Einsatzfahrzeug. In Punkto Ausstattung, Beladung sowie der Fahrzeugtechnik kann es natürlich nicht mit den modernen Hilfeleistungslöschfahrzeugen der heutigen Zeit mithalten. Umluftunabhängige Atemschutzgeräte, eine Wärmebildkamera, LED-Scheinwerfer oder gar eine Schaumzumischanlage mit Druckluft suchte man damals vergeblich auf einem Löschgruppenfahrzeug. 1965 allerdings erfüllte es alle Anforderungen für ein modernes Löschfahrzeug und war für die Aufgaben der Feuerwehr zur damaligen Zeit bestens ausgestattet.
Von 1965 bis 1988 verrichtet das LF 16 seinen Einsatzdienst in Unterhaching. Bis 1983 war das Fahrzeug in der Feuerwache im Rathaus (heute Polizeiinspektion 31) untergebracht. Im Jahr 1983 wurden die beiden Feuerwachen in der Münchner Straße (heute BRK-Rettungswache) und jene im Rathaus zusammengelegt und das Löschfahrzeug zog in das neu gebaute Feuerwehrgerätehaus, welches heute an der Ecke Leipziger und Biberger Straße steht.
Nach 23 Jahren treuem Einsatzdienst in Unterhaching wurde das LF 16 im Jahr 1988 durch ein neues und moderneres Löschgruppenfahrzeug vom Typ LF 16-12 abgelöst. Das außerdienstgestellte Fahrzeug wurde dann im Jahr 1989 für den symbolischen Wert von einer Deutschen Mark an unsere Freunde aus Adeje auf der kanarische Insel Teneriffa verkauft. Von 1989 bis 2014 war es bei den Bomberos Voluntarios de Adeje im Einsatzdienst. Dort erhielt das LF 16 auch einen neuen Anstrich. Fortan erstrahlte es in den Farben Rot und Weiß. Als sich auch der Fuhrpark der Kameraden aus Adeje modernisierte, wurde das Löschgruppenfahrzeug 2014 an die Feuerwehr auf der Nachbarinsel La Gomera ausgeliehen. Aber bereits ein Jahr später wurde das Fahrzeug aufgrund technischer Mängel schon wieder außer Dienst gestellt.
Im Jahr 2016 feierten die Bomberos Voluntarios de Adeje ihr 30-jähriges Jubiläum, bei dem auch die Freunde aus Unterhaching eingeladen waren. Neben den Feierlichkeiten gab es auch reichlich Gelegenheit die Vulkaninsel Teneriffa zu erkunden. So nutzte auch eine kleine Gruppe von Motorradfahrern die Gelegenheit die Insel zu umrunden. In der Hauptstadt Santa Cruz entdeckten die Biker per Zufall eine alte Drehleiter der Feuerwehr Unterhaching. Genauer gesagt die erste Drehleiter in der 150-Jährigen Geschichte der Freiwillige Feuerwehr Unterhaching. Diese stand auf dem Hof der Hauptfeuerwache und diente als Ersatzteillager. Kamerad Thomas Steinberger, der ebenfalls an der Motorradtour teilnahm, berichtete der Vorstandschaft von dem Fund und hatte die Idee die Drehleiter wieder nach Unterhaching zu holen und dort zu restaurieren.
Die Vorstandschaft war von dieser Idee begeistert und so machten sich Vorstand Christoph Simon, Kommandant Christian Albrecht und Kamerad Franz Hutterer noch im gleichen Jahr auf nach Teneriffa, um sich vom Zustand der alten Drehleiter ein Bild zu machen. Die Euphorie wurde allerdings schnell gebremst, denn die Drehleiter befand sich in einem sehr schlechten Zustand. Eine Restaurierung machte daher keinen Sinn. Plan B musste her und so kam man auf die Idee, anstatt der Drehleiter das alte LF 16 aus dem Jahr 1965 zu suchen und zu begutachten. Man wusste zu diesem Zeitpunkt nur, dass das LF 16 wohl irgendwo auf der Nachbarinsel La Gomera steht. Der genaue Standort war allerdings nicht bekannt. Die Suche auf La Gomera konnte beginnen und man wurde fündig. Es stand in einer kleinen, versteckten Fahrzeughalle. Durch ein kleines Fenster konnte man von außen einen ersten Blick auf den alten „Rundhauber“ werfen. Später wurde die Halle durch einen Kameraden aus La Gomera geöffnet und das LF 16 konnte genauer unter die Lupe genommen werden. Das LF 16 war für sein Alter in einem guten Zustand – allerdings nicht fahrbereit, denn die Bremsanlage machte Probleme. Für eine Restauration sollte dies kein Hindernis sein und so kam man zum Entschluss, das Auto wieder nach Unterhaching zu holen. Für den symbolischen Wert von einem Euro wurde der Oldtimer wieder zurückgekauft. Nach Prüfung und Anforderung der erforderlichen Zollunterlagen in 2017 machte sich das LF 16 mittels Frachtschiff und Tieflader auf den Weg in seine alte Heimat Unterhaching.
2018 konnte das Projekt dann beginnen. Schnell war ein Team aus den eigenen Reihen gefunden, welches sich um die Restaurierung kümmerte. Ziel war es, das alte LF 16 zum 150-Jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Unterhaching wieder fahrtüchtig zu bekommen und in neuem / altem Glanz erstrahlen zu lassen. In einem extra errichtetem Zelt, das im Innenhof des Gerätehauses Platz fand, machten sich die KFZ-Mechaniker, Maschinenbauer, Schlosser, Spangler und Lackierer ans Werk das LF 16 in den Urzustand von 1965 zu versetzen. Teil für Teil, Schraube für Schraube wurde demontiert bis nur noch der aufgebockte Korpus des LF 16 in der Halle stand. Das LF 16 sollte zum Jubiläum wieder in seiner Originalfarbe RAL3000 glänzen und so war es auch nötig das Fahrzeug komplett abzuschleifen und neu zu lackieren. Die Arbeiten am Oldtimer schritten schnell voran, bis im Frühjahr 2020 das Coronavirus die Arbeiten komplett zum Erliegen brachte. Bald stand auch fest, dass die Jubiläumsfeier der Feuerwehr abgesagt bzw. ins Jahr 2021 verschoben werden muss. Erst im Spätsommer 2020 konnten die Arbeiten am LF 16 wieder Fahrt aufnehmen – selbstverständlich unter Einhaltung der gängigen Hygienevorschriften. Jetzt konnte auch die, durch die Firma Ziegler überholte und geprüfte, Feuerlöschkreiselpumpe wieder im Fahrzeug montiert werden. Auch der Schriftzug Freiwillige Feuerwehr Unterhaching und das Gemeindewappen zieren wieder die Fahrer- und Beifahrertüre. Beides wurde in filigraner Handarbeit wie vor 55 Jahren aufgemalt.
Am Abend des 22.9.2020 konnte, erstmals nach dem Wiedereinbau, die Feuerlöschkreiselpumpe des Löschfahrzeugs in Betrieb genommen werden. Als eines der letzten Bauteile wurde noch der glänzende Mercedesstern an der Motorhaube montiert.
Zu guter Letzt wurde im LF ein im Retrodesign gestaltetes Blechschild montiert, auf dem die Historie des LFs sowie die Namen aller an der Restauration beteiligten Kameraden*innen ersichtlich sind.
Insgesamt wurden min. 1.500 Stunden für die Restauration aufgebracht. Die Kosten für die Restauration wurden komplett vom Feuerwehrverein getragen.
Ende September 2020 wurde das LF 16 durch den TÜV abgenommen. Das LF 16 ist somit „einsatzklar“ – Natürlich nicht für den Einsatzdienst aber für die Teilnahme am Festumzug beim 150-jährigen Jubiläum der Feuerwehr Unterhaching oder für die Beteiligung an einem der zahlreichen Oldtimertreffen, Feuerwehrjubiläen oder Feuerwehrhochzeiten. Kamerad Sven Sykora, der ebenfalls fleißig am LF 16 herumgeschraubt hat und das Fahrzeug nun sehr gut kennt, hat sich bereiterklärt die Patenschaft für das LF 16 zu übernehmen.
Wir wünschen unserem historischen Fahrzeug noch viele Jahre in Unterhaching und allzeit eine gute und unfallfreie Fahrt.