50 Jahre Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Unterhaching
Der Ton macht die Musik!
„Bei jedem Feuerwehrfestzug alleine marschieren oder hinter einer fremden Blaskapelle hinterher gehen. Da hatten wir keine Lust mehr drauf“, so berichtet ein Gründungsmitglied des Spielmannszugs der Freiwilligen Feuerwehr Unterhaching. „Da kam die Idee auf, einfach eine eigene Musikgruppe aus Feuerwehrmännern (1970 gab es nur Männer bei der Feuerwehr!) zu gründen.“
Ein Spielmannszug sollte es sein, waren sich die Kameraden unter Kommandant Franz Hutterer sen. schnell einig. Andi Rabl, einstiger Chef der Wiesn-Sinfoniker und Posaunist beim Luftwaffenmusikkorps 1 in Neubiberg, stellte die Verbindung zwischen Hermann Jalowitzki und der Feuerwehr Unterhaching her. Hauptfeldwebel Jalowitzki war nicht nur ein begnadeter Schlagzeuger, sondern auch Ausbilder des Spielmannszuges des Musikkorps der Bundeswehr in Neubiberg.
16 Männer griffen fortan immer dienstags zu Lyra, Trommel, kleiner Marschflöte, Marschbecken und Pauke. Dass ein Großteil der neuen Musikanten keine Noten lesen konnte, störte nicht. Man studierte die ersten Märsche wie „Schwedischer Kriegsmarsch, Preußens Gloria, Bayerischer Defiliermarsch, Locke“ einfach nach Gehör ein – am besten gleich auswendig, denn man wollte ja für lange Festzüge gerüstet sein. Geübt wurde das Marschieren mit Musik auch auf der noch nicht fertigen Trasse der Giesinger Autobahn.
Die Partner-Gemeinde Bischofshofen lud 1971 zu einer großen Feier. Der Unterhachinger Bürgermeister Karl Mathes wollte unbedingt den neuen Spielmannszug mitnehmen. Dessen Repertoire bestand aus drei Musikstücken. Aber mit großer Kreativität wurde die Premiere des Spielmannszugs, bekleidet mit der Feuerwehruniform und „Schiffchen“ statt Schirmmützen, eingerahmt von der österreichischen Bundesbahnkapelle und der Bauernmusik ein großer Auftritt. Ein einsamer Trompeter spielte zu den Trommlern am Grab von Dr. Castelpietra, dem Gründer des Amselsingens. Der Auftritt war zugleich der Beginn einer großen Freundschaft der beiden Feuerwehren.
Schon Ende der 70er Jahre konnten zahlreiche Jugendliche neu dazu geworben werden, zum großen Teil Kinder von Feuerwehrleuten und deren Freunde und Freundinnen. Der erste Proberaum in der Feuerwache II – jetzige BRK-Wache – wurde zu klein und so durfte der Spielmannszug für seine dienstäglichen Proben den Filmraum im Keller der alten Jahnschule nutzen. Mütter und Ehefrauen nähten in Heimarbeit weinrote Samt-Wamse zu schwarzen Hüten mit Federn als Kleidung für Show-Auftritte in Bierzelten und bei Feiern. Heitere Musikstücke, heute Oldies wie „Abanda“, „Laurence von Arabien“ und „Schöne Maid“ sowie brasilianische Rhythmen wurden extra für solche Anlässe einstudiert. Legendär waren die Showeinlagen in kleiner Combo-Besetzung wie „Zirkus Renz“ mit zwei Xylophonen.
Der damalige Kreisbrandmeister und Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Unterhaching Franz Hutterer sorgte immer wieder für die notwendige Mittelbeschaffung und Ausrüstung für die Fortentwicklung des Musik-Zuges. Die Krönung war sicherlich der Bau des Feuerwehrhauses an der heutigen Stelle, in dem der Spielmannszug ein eigener Proberaum zugewiesen werden konnte. Zur
Förderung der Partnerschaften wurden im Feuerwehrhaus Übernachtungsmöglichkeiten für die verbunden Gemeinden geschaffen, was dem kulturellen, musikalischen und persönlichen Austausch zugute kam. Gastauftritte in den Partnergemeinden Bischofshofen und dem Fete de la Marguerite in Le Vesinét sind den Musikerinnen und Musikern unvergesslich geblieben. Denn gerade für Jugendliche war es in den 70er Jahren noch lange nicht selbstverständlich, nach Frankreich zu fahren und dafür eine Freistellung von der Schule zu bekommen. Der Spielmannszug hat sich um die Partnerschaften und den Gedanken eines vereinigten Europas, wie ihn Charles de Gaulle und Konrad Adenauer gedacht hatten, immer wieder verdient gemacht.
Feuerwehrjubiläen, Fußballspiele, Geburtstagsfeiern, Faschingsumzüge und der berühmte Trachten- und Schützenzug des Oktoberfests – der Spielmannszug wurde weit über die Grenzen des Landkreises bekannt und ist bis heute die musikalische Visitenkarte der Feuerwehr Unterhaching.
Inzwischen wird regelmäßig der Spielmannszug engagiert, wenn das Innenministerium in einem Festakt Hunderte von neuen Rettungsfahrzeugen einweiht. Der beeindruckendste aller Auftritte war sicherlich das Engagement zum 150-jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr München zu den Fire Tag Parade 2016 (https://www.firetage.de/): Die Münchner Ludwig-Straße war abgesperrt und der Spielmannszug der Feuerwehr Unterhaching führte die Parade der historischen und modernen Fahrzeuge vor einem Publikum von Tausenden von Leuten an. Das Echo der Märsche erklang zwischen den Prachtbauten im Viertel und erzeugte bei Teilnehmenden und Zuschauenden Gänsehaut. Die Freiwillige Feuerwehr München begleitete im Gegenzug den Spielmannszug im selben Jahr beim Trachten-und Schützenzug.
Im Lauf der Jahrzehnte fleißigen Übens und zahlreicher Auftritte erweiterte der Spielmannszug ständig seine musikalische Qualität und die Anzahl der Musikstücke. Heute umfasst das Repertoire des Musikzugs 10 Märsche für das Marschieren in Festzügen und ca. 40 Stücke, darunter Konzertmärsche, Medleys und Potpourris zu besonderen Anlässen. Geübt wird immer noch dienstags, normalerweise im Feuerwehrhaus. Verschiedene musikalische Leiterinnen und Leiter gaben dem Spielmannszug ihre „eigene Note“.
Seit fast 5 Jahren ist Thomas Hämmerlein der musikalische Leiter des Spielmannszugs, leitet die Proben und Auftritte an und setzt die Stücke in die für die Musikinstrumente notwendige Stimmen und Tonarten. Hämmerlein war ebenfalls Berufsmusiker im Luftwaffenmusikkorps 1 der Bundeswehr Neubiberg und so schließt sich der Kreis zu den Anfängen des Spielmannszugs.
Im Spielmannszug herrschen nicht nur Taktgefühl und Harmonie, sondern es ist auch wichtig, im Team sprichwörtlich aufeinander zu hören und ein Musikstück als Gemeinschaftswerk vorzutragen. So lange waren keine Musikauftritte möglich, deshalb überlegen die Mitglieder des Spielmannszugs, demnächst öffentliche Proben abzuhalten, um ein wenig Musik zur Unterhaltung für die Bürgerinnen und Bürger zu bieten. Das Jubiläum wollen die Musikantinnen und Musikanten gebührend feiern – schon bei der 25-Jahr-Feier in der Hachinga Halle gab sich der unvergessene Gert Fröbe für den Spielmannszug die Ehre.
In der Pandemiezeit stellt ein Unterhachinger Landwirt seine große Halle zum Üben mit viel Abstand zur Verfügung. Wer sich interessiert, ein Instrument – Kleine Querflöte, Lyra/chromatisches Glockenspiel und Marschtrommel – zu erlernen, kann nach kurzer Voranmeldung beim Leiter des Spielmannszugs über unser Kontaktformular (als Empfänger “Spielmannszug” auswählen) dienstags einfach vorbeischauen. Nachwuchs ist herzlich willkommen – damit es den Spielmannszug als musikalischen Botschafter Unterhachings auch noch weitere 50 Jahre gibt…